Tiefgarage freut sich, im März die Installations-, Performance- und Klangkünstlerin Anik Lazar in ihren Räumen vorstellen zu dürfen. Lazar zeigt eine raumgreifende Arbeit im Vorderraum und die Malereien KOLLEKTIVE DEVIATIONEN im hinteren Raum. Zur Eröffnung präsentiert die Künstlerin eine Soundperformance, die mit dem Titel MAMA EX MACHINA einem archaisch-utopischen Matriarchat huldigt.
Lazars besondere Aufmerksamkeit gilt in ihrem jungen Werk immer wieder den Maschinen, die den Takt in unserer Welt angeben. Sie dampfen, klingen und stampfen den Rhythmus; sind roh und gewaltvoll. Es ist ein wahnsinniges Unterfangen aus Metall und sich hydraulisch, mechanisch und elektronisch bewegenden Teilen.
Ein gesunkenes Schiff – die archaische Kapitulation – bildet den Ausgangspunkt ihrer Ausstellung. Das Boot ist aus gefundenen, armen Materialien zusammengestellt. Ein blau gefärbter Boden, der die Skulptur umfasst, stellt das weite Feld der missglückten Erkundung dar, die mit dem Untergang ihr eigenes Ende markiert. Doch im Gegenzug kann man den Untergang, im Falle eines U-Boots, auch als den Moment des Aufbruchs, eines Neuanfangs lesen, wo das Sinken den Startpunkt einer Fahrt definiert. Eine wilde Maschine, schier unzähmbar, wurde nun durch das Abtauchen ruhig gestellt und besänftigt.
Der Titel richtet sich mit C A L Y P S O an eine Unterwasser-Utopie. Es ist der Name einer Expedition in unbekannte Gewässer. Die Frage „Wo sind die Archen, Schwestern?“ wendet sich dabei an ein Geschlecht, das auf hoher See historisch gesehen (wenn überhaupt) eher als Randfigur repräsentiert ist.
Spruchbänder hängen vor dem Ausstellungsraum von der Decke. Sie sind aus Styropor geschnitten und die Oberfläche wurde mit Papier kaschiert. Sie dienen einer sprachlichen Vermittlung. Wie Protestbotschaften, Oden und Kampflieder begleiten sie den progressiven Wind, der durch die Ausstellung weht. Als Spruchband bezeichnet man in der mittelalterlichen Malerei Texte in Form von flatternden Bändern, die das gesprochene Wort oder auch das gesungene Wort darstellen sollen. Sie entsprechen Sprechblasen in Comics. Sie werden auch als „Symbol des mündlichen Wortes“ bezeichnet bzw. unter dem Aspekt der Schriftbildlichkeit, also der Interaktion von Bild und Text, untersucht. Auch in Wappen finden sich auf Spruchbändern die Devise (Wahlspruch) oder das Panier (Kriegsgeschrei).
KOLLEKTIVE DEVIATIONEN, die Werkserie, die Lazar seit einigen Jahren verfolgt, geht auf das Navigieren in einer anderen Form ein. Auf kariertem Recyclingpapier zeichnet sie Kreise, blaue Linien und rote Pins, die wie die Sammlung von Apple-Karten-Standorten aussieht, aber ohne Standpunkte – ohne Orientierung und darunterlegende Koordinaten. Lazar orientiert sich an Apples Karten-Ästhetik, knüpft Verbindungen zu unser alltäglichen Zielnavigation und dem Standpunkt der jeweils eigenen Identität.
Anik Lazar ist 1982 in Frankfurt am Main geboren und lebt studierte an der Hochschule für bildende Künste Hamburg u.a. bei Hanne Loreck, Anselm Reyle, Norbert Schwontkowski und Nicola Richter. Seitdem lebt sie in Hamburg und präsentierte ihr umfassendes Werk überwiegend dort, bisweilen auch in Dänemark, Berlin, Bremen, Brüssel, New York oder auch im slowenischen Pavillon in Venedig 2011.